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AutorenbildOliver Parche

Argentinien wählt im Oktober

Steht das Land vor einem Politikwechsel?


In Argentinien haben viele das Vertrauen in die Politik verloren. Im Zuge der Vorwahlen im August wusste dies besonders ein Politiker für sich zu nutzen. Javier Milei gilt wirtschaftlich als ultraliberal und gesellschaftlich als sehr rechts.


Am Montag nach der Vorwahl erreichten Schockwellen Argentiniens die Finanzmärkte. Zuerst wertete die Regierung die Landeswährung ab. Der offizielle Umtauschwert für einen Dollar stieg um 22 Prozent auf 365,50 Pesos. Dann erhöhte die Zentralbank den Jahresleitzins von 97 auf 118 Prozent. Was als Eindämmung einer Flucht aus dem Peso in den Dollar veranlasst worden war, stieß in den klandestinen Wechselstuben auf keine Resonanz. Der Preis für die US-Währung sprang um satte 80 auf 685 Pesos. Und an der Börse sackten die Aktienkurse argentinischer Unternehmen und Staatsanleihen um 11 Prozent ab.


Das eigentliche Beben aber hatte sich bereits am Sonntag bei den Vorwahlen zu der Präsidentschaftswahl im Oktober ereignet. Völlig überraschend war Javier Milei mit 30 Prozent der Stimmen als Bester aus der Kandidaten- und Kandidatinnenkür hervorgegangen.


Die rechtsliberale Oppositionsallianz Juntos por el Cambio erhielt nur 28 Prozent und die linksprogressive Regierungsallianz Unión por la Patria lediglich 27 Prozent der Stimmen. Jedes Ergebnis hätte sich auf die verunsicherten Finanzmärkte ausgewirkt, doch Mileis Ankündigung, u.a. die Zentralbank abzuschaffen und den Dollar als alleinige Währung installieren zu wollen, sorgte erst recht für Hektik und Nervosität.

Der Präsidentenpalast in Buenos Aires
Der Präsidentenpalast in Buenos Aires


Vor der Wahl hatte Sergio Massa, Wirtschaftsminister und jetzt auch Spitzenkandidat der linksprogressiven Regierungsallianz Unión por la Patria für die Präsidentschaftswahl, gebetsmühlenartig versichert, mit ihm werde es keine Abwertung geben. Dann, am Tag danach, die Kehrtwende. Die Folgen werden noch mehr Inflation, noch mehr Kaufkraftverlust sein. Schon jetzt leben 40 Prozent der Ar­gen­ti­nie­r und Argentinierin­nen in Armut.


Massas Kehrtwende ist nichts weniger als ein Offenbarungseid. Bei den Staatsfinanzen sieht es düster aus. Seit Wochen verwaltet die Zentralbank sogenannte Negativreserven. Alte Dollarschulden können nur mit neuen Übergangskrediten getilgt werden. Es ist ein Leben von der Hand in den Mund. Nur die Notenpresse läuft und liefert immer wertloser werdende Pesos-Scheine. Ausgerechnet der Internationale Währungsfonds sorgte am Montag nach der Wahl für etwas Beruhigung, als er ankündigte, in den nächsten zwei Wochen 8 Milliarden Dollar nach Buenos Aires zu überweisen.


Was sich mit dem Ergebnis der Vorwahlen außenpolitisch ändern könnte, deutete sich bereits beim Gipfeltreffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) an. Die argentinische Regierung bemüht sich bisher um einen Beitritt zu dem Schwellenländerbündnis – mit guten Erfolgsaussichten, eine Einladung wurde ausgesprochen. Eine Idee: die Schulden in US-Dollar in Renminbi (chinesische Yuan) zurückzuzahlen und damit die Abhängigkeit vom Dollar zu minimieren. Sollte im Dezember ein rechtsgerichteter Präsident ins Amt kommen, dürften diese Bemühungen eingestellt werden und eine stärkere Ausrichtung auf die USA erfolgen.


Der eindeutige Verlierer der Vorwahl ist der derzeit regierende Peronismus, dessen Wahlallianz Unión por la Patria mit 27,27% abgeschlagen auf dem dritten Platz landete und somit im Vergleich zur Vorwahl im Jahr 2019 gut 20 Prozentpunkte einbüßte. Der derzeitige Wirtschafts- und Finanzminister Sergio Massa gewann 21,40% der Stimmen und setzte sich gegen den Cristina Fernández de Kirchner nahestehenden Kandidaten Juan Grabois mit 5,87% durch.

Der Peronismus hat das schlechteste Wahlergebnis in seiner Geschichte eingefahren, landete abgeschlagen auf dem dritten Platz und ist als größter Verlierer dieser Wahl zu bezeichnen. Sergio Massa fiel es schwer, sich als derzeit verantwortlicher Minister für die desaströse Finanz- und Wirtschaftspolitik als Hoffnungsfigur zu inszenieren. Javier Milei hat sogar in den oft wahlentscheidenden bevölkerungsreichen peronistischen Hochburgen des Speckgürtels von Buenos Aires beachtlich gute Ergebnisse eingefahren, auch das ein absolutes Novum in der argentinischen Politik. Sollte sich der Erfolg von Milei und der relative Erfolg von Juntos por el Cambio bei den Wahlen im Oktober wiederholen und es auf eine Stichwahl zwischen Milei und Bullrich hinauslaufen, würde das einen absoluten Bruch mit dem politischen System der letzten Jahrzehnte bedeuten, in denen der Peronismus die prägende politische Kraft war.


Das völlig überraschende und unvorhersehbare Wahlergebnis geht wie ein Ruck durch die argentinische Politik und Gesellschaft. Javier Milei fordert den Bruch mit dem etablierten politischen System und fußt seinen Diskurs auf die Ablehnung der – wie er es nennt – „politischen Kaste“ mit ihren Privilegien. Der Wirtschaftswissenschaftler propagiert im Gegenentwurf zur aktuellen Regierung die Liberalisierung der Märkte, die Aufhebung der künstlich festgesetzten differenzierten Wechselkurse, die Dollarisierung der Wirtschaft zur Eindämmung der galoppierenden Inflation, die Abschaffung der Zentralbank und die radikale Verschlankung des aufgeblähten Staatsapparats.


Im gesellschaftlichen Diskurs spricht er sich gegen Abtreibung aus und macht mit extremen Forderungen wie einer Liberalisierung der Waffengesetze zum freien Verkauf von Waffen zur Selbstverteidigung, der Legalisierung des Organhandels und einer kompletten Neuordnung des Strafvollzugs von sich reden. Er inszeniert sich medienwirksam und tritt in gut gefüllten Stadien zu lauter Rockmusik in Lederjacke auf und kann damit vor allem junge Wähler für sich begeistern.


Sein Erfolg ist Ausdruck der tiefen Frustration, Enttäuschung und Wut der argentinischen Wähler über die Misserfolge nicht nur der Politik der derzeitigen Regierung, sondern der letzten Jahrzehnte. Diese findet auch in der niedrigen Wahlbeteiligung ihren Ausdruck, die trotz Wahlpflicht bei nur 69% und somit 7% niedriger als noch im Jahr 2019 lag. Erwähnenswert ist, dass die von Milei erst 2021 gegründete Partei La Libertad Avanza vor allem in den Provinzen über keine nennenswerten Strukturen verfügt und auch bei den im Laufe des Jahres abgehaltenen Regionalwahlen hinter den Erwartungen zurückgeblieben war.

Nach dem überraschenden Erfolg von Javier Milei bei den Vorwahlen zur Präsidentenwahl in Argentinien, war die Reaktion der Märkte deutlich: sie haben Angst vor dem libertären Populisten.


Die Preise gingen gleich um 30 % in die Höhe. In einem Land, das mit einer jährlichen Inflation von über 100 Prozent und wachsender Armut zu kämpfen hat, war die Abstimmung eine Wutreaktion auf die politische Klasse. Aber kommt es wirklich zu einem ideologischen Wandel in Argentinien?

Die Korruption und der Mangel an Erneuerung der politischen Klasse hatten Konsequenzen in der gesamten Region, in den Vereinigten Staaten, Brasilien und weiten Teilen Lateinamerikas.


Angesichts ihrer Unsicherheit suchen die Menschen nach extremen Alternativen.


Viele haben das Gefühl, dass keine politische Erneuerung stattgefunden hat, dass Politiker nicht rechenschaftspflichtig sind. Aber auch das Gefühl tiefgreifender wirtschaftlicher Unsicherheit. In Umfragen der Vanderbilt University gaben mehr als 80 % der Befragten in Lateinamerika an zu glauben, dass die Hälfte oder mehr ihrer Politiker korrupt waren. Wenn Menschen ihren Politikern und ihren Institutionen nicht vertrauen, suchen sie nach extremen Antworten außerhalb des Systems.


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